Inspiration durch mehr Klangbestandteile

(Eine Abhandlung über die Entwicklung neuer Klangsynthesizer von Hagen Grabowski)

Bei der Analyse der Bestandteile eines einzelnen Tones fällt auf, daß sich Naturinstrumente von herkömmlichen Synthesizer – Tönen dadurch unterscheiden, daß weder die Frequenz, noch die Oberwellenverteilung während des Schwingungsverlaufes absolut konstant ist oder nach einem mathematischen Algorithmus abläuft. Je nach Stärke des Tones variieren die Bestandteile, aus denen sich der Klang des Tones zusammensetzt.

Bei herkömmlichen Synthesizern besteht der Ton aus relativ wenigen Einzelbestandteilen, was auch nicht durch viele FM – Modulationsmöglichkeiten grundlegend geändert wird, denn diese Modulationen verändern den Klang periodisch, außer bei einer Rauschmodulation, die eine zufällige Klangveränderung bewirkt. Weder die zufällige, noch die rein periodische Frequenzmodulation existiert bei herkömmlichen Instrumenten und wird deshalb vom Gehör als fremdartig oder als technischer Klang empfunden.

Um den Klang eines Synthesizers lebendiger zu gestalten, muß man von den standardisierten Grundbausteinen abweichen und mit mehr VCOs, VCAs, Hüllkurven, LFOs, und Filtern arbeiten, als üblich und diese so miteinander zu kombinieren, daß der Endklang interessanter und lebendiger wird.

Je mehr Grundbausteine zur Verfügung stehen, um so interessanter und lebendiger wird der Endklang. Theoretisch liegt die Idee nahe, diese neuen Klänge mit einem Modularsystem zu verwirklichen. In der Praxis wird die Verkabelung derartig komplexer Module allerdings irgendwann unübersichtlich ,so daß die musikalische Experimentierbereitschaft des Künstlers schnell nachlassen kann. Aus diesem Grund bietet sich als Alternative die musikalisch sinnvolle Vorverdrahtung eines komplexen analogen Synthesizers an, der über eine strukturierte Frontplatte mit Potentiometern und Schaltern per Tastatur gespielt wird.

Um möglichst viele verschiedenartige neue Klänge erzeugen zu können, sind allerdings auch mehrere und unterschiedlich konstruierte Synthesizer erforderlich, da ab einer Anzahl von mehr als 150 Bedienelementen auch die übersichtlichste Frontplatte zu überladen wird und das Instrument nur endlich viel Hardware enthalten kann.

Wenn man neue Kompositionen mit neuen Klängen machen möchte, so sollten diese Kompositionen mit unterschiedlichen Einzelkomponenten eingespielt werden, um einen neuen orchestralen Klangcharakter in der Endabmischung zu erzielen. Nur so entsteht tatsächlich neue instrumentale Musik. Egal, wie komplex ein neuer Synthesizer auch konstruiert sein wird, hat er immer einen gewissen typischen Eigenklang, so daß nur völlig verschiedene neue Synthesizer als Grundlage für einen neuen orchestralen Gesamtklang in Frage kommen können. Falls man unbedingt einen bekannten Klang einfügen möchte, so wird dieser dann den Gesamtklang  mit einer Zeitepoche, Stilrichtung oder Stimmungslage in Verbindung bringen. Das mag dann gewünscht sein bei einem Werk, das diesen Bezug herstellen möchte.

Bei meinen bisherigen Ausführungen bin ich von musikalischen "Wohlklängen" ausgegangen, weil ich der Meinung bin, daß sich disharmonische Klänge mit einfacheren Mitteln herstellen lassen, als mit aufwendig konstruierten Synthesizern. Wer dennoch Disharmonien wünscht, wird Diese mit analogen Klangerzeugern allerdings immer problemlos erzeugen können.

Elektronische Musik wird niemals wie klassische Musik klingen können. Es ist jedoch möglich, neue interessant klingende, Einspielungen mit neu konstruierten analogen Synthesizern zu machen, wenn man bereit ist, alte Klangmuster in der Vergangenheit zu belassen und offen für neue Systeme ist.

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